Date: Fri, 23 Jun 1995 14:55:02 +0000
Station: Fritz
Frequenz: 102,6 via Antenne in Berlin
Show: Processor Check
Date: Sa, 24.06.1995
Time: ca. 18.10
(Anmoderation, erster Teil)
Die schier unbegrenzten Moeglichkeiten des Internet begeistern immer
wieder alle Informationshungrigen Mitmenschen. Bunte Bilder, lange
Texte und was sonst das Herz begehrt, ist weltweit verfuegbar. Ab er
kann das schon alles sein? Wie stehts denn mit Musik und gesprochenem
Wort oder gar bewegten Bildern? Die erste Antwort auf diese Frage ist
wohl: digitalisiertes Audio, also Ton, oder Video, als bewegte
Bilder verursacht so grosse Dateien, dass man damit nicht oder nur
sehr umstaendlich ueber lange Netzverbindungen arbeiten kann. Aber, das
muss nicht sein. Genauso, wie Texte und Bilder durch clevere
Verfahren von allem scheinbar ueberfluessigem Befreit wurden und so
auf ausgesprochen kleine Datenmengen zusammengeschrumpft wurde n,
koennen auch Audio und Video Daten wesentlich verkleinert werden. Um
hersuzufinden, wie das gehen kann, hat sich vor Jahren eine Moving
Picture Expert Group gegruendet. Das dazugehoerige Acronym ist MPEG,
inzwischen fuer Computerbenutzer kein ganz fremdes Kuerzel mehr. MPEG
hat sich zum Standard fuer Datenkomprimierung im Audio und Video
Bereich entwickelt. Wer heute in annehmbarer Qualitaet Video auf dem
Computer benutzen will, muss Soft- und Hardware nach diesem MPEG
Standard benutzen. Das Verfahren geht davon aus, dass in Bildern und
Sounds Informationen stecken, die unsere Augen und Ohren nicht
direkt auswerten, die also in digitaler Form gar nicht
weiterverarbeitet werden muessen. Diese Daten spart man sich also und
dadurch werden die Dateien entsprechend kleiner. Wirklich gut wird
die Qualitaet so erstellter Datenpaeckchen allerdings erst, wenn man
wirklich eine kombination aus Soft- und Hardware zum Herstellen und
Abspielen benutzt.
Es liegt nahe, dass im Internet ein solches Verfahren genutzt wird,
damit auch laengere Audio und Video Informationen transportiert
werden koennen. Das Internet Underground Music Archive ist ein Ort,
wo man sich per MPEG-Audio unzaehlige Bands anhoeren kann, die einem
sonst wohl kaum unterkommen wuerden. Der MPEG-Standard wird von
vielen anderen Internet-Anbietern genutzt. Welche Moeglichkeit es
gibt, sich mit MPEG zu befassen, ohne im Internet zu surfen, erfahrt
Ihr in ein paar Minuten.
(Schnitt, Anmoderation, zweiter Teil)
(O-Ton: Hello, this is the Internet MPEG CD-Rom)
Der uns hier so freundlich begruesst, ist KeyJ Phade, buergerlich Frank
Gadegast. KeyJ bedeutet soviel, wie TastenJockey, Phade ist der name
eines Grafitty-Stars aus New York, dessen kunstvollem Anarchi smus
sich der digitale Phade verpflichtet fuehlt. Frank stammt aus
Frankfurt/Main, lebt seit er 8 ist in Berlin und befasst sich
studienhalber und als Software-Unternehmer mit dem MPEG-Verfahren.
Und Frank hat eine CD produziert, auf der aus der Sicht des Internet
MPEG erklaert, demonstriert und verfuegbar gemacht wird. "The Internet
MPEG CD-ROM kann von Macintosh, Windows, OS/2 und Unix-Anwend ern
genutzt werden. Allerdings faellt auf, dass alle, die sich bislang
noch nicht im Internet tummeln konnten, mit der etwas ungewohnten
Praesentation Probleme haben koennten....
(O-Ton, Frank Gadegast via Telefon: "Deshalb wollte ich die Informationen
genau so praesentieren, wei sie vom Internet runtergezogen wird. Deshalb der
Cello Browser. Der Gag ist natuerlich: normalerweise muesste man dafuer
stundenlang online sein. Das verursacht grosse Kosten, deshalb sagen
wir "Internet-Offline". Man kann sich durch die Datenbestaende
bewegen, als waere man im internet... Man kriegt sozusagen einen
Internet-Trockenkurs dazu.")
Die technischen Details von MPEG, Software-Loesungen und natuerlich
jede Menge Beispiele koennen so in Ruhe studiert werden. Je nach
eigener Soundkarte und Video-Leistung funktioniert das gut oder
besser. Was wirkliche HiFi-Freaks dazu sagen, wage ich mal nicht zu
vermuten. Es geht ja auch um einen technischen Kompromiss.
(O-Ton, Frank Gadegast via Telefon: "MPEG ist halt ein Komprimierungsformat,
das heisst da werden natuerlich Informationen weggelassen. Welche das sind
ist durch aufwendige Hoertests ermittelt worden. Aber, gerade bei niedrigen
Baessen faellt das natuerlich auf: Sachen, die eine gute Stereoanlage
rueberbringt und die man dann eher fuehlt, sind dann eben nicht mehr
dabei.")
In den USA nutzen bereits viele Bands diesen neuen Weg ihre Musik
unkommerziell einem weltweiten Publikum anzubieten. Das Internet
Underground Music Archive, kurz IUMA aus Californien ist der Ort, wo
jeder und jede Ihre Demo-Dateien ablegen kann. Das ist jedenfalls
billiger, als 1000 Kassetten zu bespielen und auf lange sicht auch
effektiver. In Deutschland gibt es bislang nichts vergleichbares,
abwohl eigentlich nur das Geld fehlt...
(O-Ton, Frank Gadegast via Telefon: "Also ich habe mal in ein paar
Newsgruppen geschrieben, dass ich auf der Suche nach Berliner Bands bin,
die bei dem Projekt mitmachen koennen. Daraufhin haben sich drei, vier
kleine Labels gemeldet... Auf der CD sind ein paar Bands zusammengestellt,
unter dem Namen NET FOR MUSIC. Sowas wollte ich mal aufziehen, das scheitert
momentan aber einfach an den Kosten. Da muesste sich einfach mal ein Label
finden, dass auf diese Weise seine Gruppen promoten will und dann
mach ich das fuer die....")
Musik: Germ Attack
Beide Dateien im MPEG-Format erhaeltlich via folgender URL's:
http://www.gadegast.de/frank/work.html
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Copyrighted by (c) Fritz + Frank Gadegast, 1995